Seit dem 29. Januar 2013 gelten neue Regelungen* für das auf Scheidungen anwendbare Recht. Anlass dafür ist die EU Verordnung Nr. 1259/10, die regelt, welches materielle Recht im Falle einer Ehescheidung mit Auslandsbezug gilt. Bis zum 21.06.2012 galt, dass vor deutschen Gerichten immer deutsches Scheidungsrecht Anwendung fand, wenn beide Ehegatten deutsche Staatsangehörige waren, auch wenn die Ehepartner ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatten.
Wenn beide Ehegatten italienische Staatsangehörige waren und in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten dann fand, auch vor deutschen Gerichten, die Anwendung italienisches Scheidungsrecht statt.
Die neue EU Regelung Nr. 1259/12 setzt fest nach welchem Recht Sie und Ihr Ehepartner im Falle einer Scheidung geschieden werden würden. Hat ein Ehepaar für den Fall einer Scheidung keine Rechtswahl getroffen, ist nun mit der neuen EU-Verordnung das Recht des Staates anwendbar, in dem beide Ehepartner ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Mangels vereinbarter Rechtswahl kann es also passieren, dass selbst wenn beide Ehepartner Deutsche sind und die Scheidung vor einem deutschen Gericht eingereicht, ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt aber hier in Spanien oder Italien haben, das deutsche Gericht die Scheidung nach spanischem oder italienischem Recht vornimmt!
Die „Rom-III-Verordnung“ bestimmt nun, dass auch vor einem deutschen Gericht das Recht des Staates Anwendung findet, in dem die Ehepartner ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies gilt jedoch nur, wenn die Ehepartner für den Fall der Scheidung keine Rechtswahl getroffen haben. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich länger als sechs Monate aufhält. Besteht hingegen kein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt mehr, so findet das Recht des Staates Anwendung, in dem die Ehegatten zuletzt ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten, selbst wenn dies nicht in einem Mitgliedsstaat war.
Der Anwendungsbereich der neuen Regelung umfasst das materielle Scheidungsrecht, also die Scheidungsvoraussetzungen (z.B. erforderliche Trennungszeit), ohne deren Vorliegen die Scheidung nicht ausgesprochen wird. Auch der Versorgungsausgleich gehört zum materiellen Scheidungsrecht. Nicht betroffen sind jedoch vermögensrechtliche Folgen der Ehe, Unterhaltspflichten, die elterliche Sorge und Erbschaften.
Es ist daher grundsätzlich zu empfehlen, bereits frühzeitig eine Rechtswahl bezüglich des anzuwendenden Scheidungsrechts zu treffen. Je nach Aufenthaltsland können hierfür unterschiedliche Formerfordernisse gelten. Haben beide Ehegatten den gewöhnlichen Aufenthalt beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland, so ist hierfür eine notarielle Beurkundung zwingend erforderlich.
Beispiel 1:
Herr Cariglino ist deutscher Staatsangehöriger und kommt mit seiner deutschen Ehefrau nach Italien als Mitarbeiter einer großen deutschen Firma. Nach zwei Jahren kommt es zur Trennung. Frau Cariglino kehrt nach Deutschland zurück, Herr Cariglino bleibt in Italien. Frau Cariglino stellt in Deutschland einen Scheidungsantrag. Mangels einer Rechtswahlvereibarung wird das deutsche Gericht italienisches Recht anwenden (also Recht des Staates, in dem die Ehegatten zuletzt gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten).